Heinrich Dunst gilt aktuell als der österreichische Konzeptkünstler. Sein Werk stellt die Analyse von Kunst und das Ausloten ihrer Potentiale in den Mittelpunkt, wobei Sprache und Objekt in einem offenen Dialog stehen. Wesentliche Fragen nach der Funktion und den Bedingungen von Kunst werden aufgeworfen, die sich an der Wirklichkeit und ihren Herausforderungen reiben. Die fein abgestimmten Arbeiten folgen einer konzeptuellen Ausrichtung, die in einem offenen Spiel aus Bild, Sprache und Kontext auf den konkreten Ort ihrer Präsentation eingehen. Dabei steht das konkrete Er- und Verarbeiten von Kunst im Zentrum, die direkt und humorvoll auf ihre Aktualität hin untersucht wird. Dunst bringt die Kunst und ihre Zeichen in Bewegung, indem er ein mediales Referenzspiel des Sichtbaren und Sagbaren aus Bild, Objekt, Film und Sprache virulent hält – und darin mögliche Antworten auf die ambivalenten Zeichen unserer brüchigen Gegenwart anregt. Für die HALLE FÜR KUNST Steiermark erarbeitet Dunst eine großangelegte und auf unterschiedlichen Wegen begehbare installative Anordnung, die in einer stringenten Dramaturgie seine Werke vereint. Dabei handelt es sich nahezu durchgehend um eigens für die Ausstellung produzierte neue Arbeiten.
„That part of the concept corresponding to the wrist“,1 eine Gedichtzeile des US-amerikanischen Schriftstellers Ben Lerner, prangt in großen Lettern auf der Wand. Diese Zeile wie auch die übrigen im Raum verteilten Objekte und Installationen weisen bereits auf ein durch poetische Sprachformen – ähnlich Platzhaltern, Scharnieren oder eben einem Handgelenk – verbundenes Ensemble hin, dem eine Abfolge zugrunde liegt: Die Struktur der Ausstellung sink ergibt sich aus der Setzung von Objekten, Skulpturen und Grafiken, welche Sichtweisen von Wort, Bild und erlebter Situation und darin Konventionen der Präsentation von Kunst ein Stück weit unterläuft. Auch wenn hierbei ein Fokus auf dem Zusammenspiel der unterschiedlichen Objekte liegt, die im Format der Ausstellung miteinander in Verbindung stehen, so sind sie trotzdem auch als autonome Werke zu verstehen. Für die Dauer der Ausstellung besteht zwischen ihnen eine Verknüpfung aus einzelnen Formen und deren Überführung in jeweils andere Formen (Objekt, Text, Gestus, Medium, industrielle Produktion, Skulptur, Abstraktion, Monochromie, etc.). Gestartet wird bei dem konventionellen (Leit-)Medium der Tageszeitung The New York Times: Die Struktur dieser visuellen Vorgabe, einem Titelblatt, wird nun in weitere Medienformen übersetzt. Ziel dieser modellhaften Übertragung ist es, Aussagen über die Funktion und Form der Verschränkung von Alltagsobjekten und ästhetischen Formen zu gewinnen. Ähnlich einem Sprachspiel begegnet man in der Ausstellung aus ihrem ursächlichen Kontext befreite Gegenstände, die mit veränderten Bedeutungen aufgeladen sind – industriell gefertigtem Dämmmaterial, überdimensionalen Dosen oder eben jener titelgebenden Spüle. Thematisiert werden in diesen Übertragungen unterschiedliche künstlerische Verfahren in Bezug auf die Darstellung und Beschreibung eines konkreten Objektes. Diese variablen, aber aufeinander Bezug nehmenden Kategorien und jeweils singulär angeordnete Formen ergeben im Zusammenspiel innerhalb des Modells einen Flow, aber auch produktive Brüche, die unterschiedliche Lesarten zulassen. Die Situation lässt an ein offen gelegtes Drehbuch der verschobenen Bedeutungen denken, worin sich Poesie und Sprache ihre erstaunlich konkreten Bilder schaffen, und die Wirklichkeit und ihre Gegenstände nochmal ganz anders gesehen werden können.
Die Show zielt so auf die Sichtbarmachung von Strategien wie Verschiebungen, Risse und Tempowechsel im künstlerischen Vokabular um ein dichtes Netz aus Formen zu knüpfen, das versucht zu zeigen, wie Kunst zwischen Idee, Sprache und Objekt entsteht. Die so aufgemachten assoziativen Räume lassen den Betrachtenden trotz der vom Künstler formal strikt festgelegten Abfolge eine Vielzahl von Interpretationen offen. Heinrich Dunst stellt sich der „Migration der Formen“ hin zur Fassung der Objekte, deren Status sich in medialisierten, flüchtigen Zeiten zusehends als kaum mehr adäquat beschreibbar herausstellt, und doch geht es um deren so schwer erreichbare zeitgenössische Definition als Kunstwerk. Der titelgebende Begriff sink (dt.: Spüle, Waschbecken; absinken, einsinken) spielt dabei eine klärende Rolle, wie sich Sprache in Bild setzen kann, und wie Transfer und Offenheit eines Objektes hin zu anderen Formen trotz aller Schwierigkeiten potentiell möglich wäre. So ist es jedem einzelnen Betrachtenden möglich, auf eigene Ideen, Begriffe und gesellschaftliche Ankerpunkte in Reaktion auf die Inszenierung von Dunst zu kommen. Schließlich zeigt sich die Unmöglichkeit eines reibungslosen direkten medialen Transfers von Sprache und, vielleicht auch, Visualität: und gerade diese Nicht-Übersetzbarkeit interessiert Dunst derart um schließlich doch zu gegenwärtigen Formen zu kommen.
Die Ausstellung wird von einem Rahmen- und Vermittlungsprogramm und einer Publikation im Verlag saxpublishers (Wien) begleitet. Kommunizierend zu dieser Ausstellung wird die international besetzte Gruppenausstellung on affairs gezeigt, in der sich eine jüngere Künstler*innengeneration mit der Technik des Isolierens von Objekten, Bildern und Sprache in einer gegenwärtigen Überfülle von textlichen und bildlichen Zeichen auseinandersetzt.